Nach fünf langen Jahren hatte ich wieder die Möglichkeit China zu besuchen und Privattraining bei der Chen Familie zu geniessen. Dies und wie sich China seit 2019 verändert hat habe ich in diesem Artikel niedergeschrieben.
Nachdem die Pandemie vorüber ist, hat sich China wieder geöffnet und als Schweizer kam ich sogar in den Genuss ohne Visa einreisen zu dürfen. Jedoch hatte ich schon ein mulmiges Gefühl an der Passkontrolle ohne irgend ein Dokument das Land zu betreten. Aber zu meinem erstaunen ging alles sehr unkompliziert, ich musste einzig aufzeigen, dass ich innerhalb der nächsten 15 Tage wieder ausreise.
Peking ist moderner geworden
Was mir sofort aufgefallen ist, dass Peking moderner daher kommt. Muss aber auch sagen, dass ich mich fast nur in einem Stadtteil von Peking aufhielt und nicht gross Sightseeing gemacht habe. Diesmal stand das Training im Vordergrund. Ich hatte Peking noch so ein bisschen "dusty" in Erinnerung. Laut, überfüllt, unordentlich, oft auch schmutzig und hektisch. Heutzutage ist alles viel übersichtlicher, ruhiger und es sind irgendwie weniger Leute unterwegs. Zum Beispiel wird in einer Reihe angestanden zum Betreten des Buses, man muss sich nicht mehr durchkämpfen wie früher. Es hat sich schon immer verändert in all den Jahren wo ich da war, aber dieser Sprung war irgendwie anders.
Was massiv zugenommen hat ist die Staatliche Überwachung. Es ist nicht mehr möglich ein Metro Ticket am Automaten ohne ein Login zu kaufen oder der Pass muss gezeigt werden beim Betreten der Parks. Auch sind viel mehr Checkpoints in der Stadt, die Videoüberwachung ist allgegenwärtig, man fühlt sich richtiggehend getrackt und das Internet ist ohne VPN nicht benutzbar. Habe mitbekommen, das das noch Nachwirkungen von der Pandemie sind.
Folgendes Foto zeigt die aktuelle Situation sehr deutlich auf, es wurde gemacht in Richtung Eingang der Verbotene Stadt wo daneben der Tiananmen Square ist. Näher kommt man nicht mehr ohne ein Ticket, welches 7 Tage im voraus gekauft werden muss mit Kopie des Passes. Früher konnte man sich da frei bewegen und die Chinesen sind mit den Velos rumgefahren.

Aber China bleibt auch China. Es wird am Abend immer noch auf den Strassen getanzt oder die Parks sind nachwievor gut besucht, wo geselliges zusammensein möglich ist. Die Hutongs sind weiterhin Orte, welche kleine Kosmen sind in dieser riesigen Stadt. Man bekommt fast alles und das Leben ist noch ein bisschen geselliger. Die Essens Kultur ist auch weitestgehend erhalten geblieben. Im Restaurant wird weiterhin gerne mit einer Flasche Bier oder Schnaps das Abendessen genossen, nach einem harten Tag und danach eine Zigarette neben dem Verbotsschild geraucht.




Das Training
Wie schon letztes mal, war ich bei Chen Shiwu, dem Sohn von Chen Yu im Privat training. Wir haben uns vertieft einigen Elementen der langen Form angenommen, Push hands gemacht und etwas Basic. Es war sehr eindrücklich wie er sich seit dem letzten Mal weiterentwickelt hat. Einiges war anders, was auch gut so ist, dann merkt man, dass was geht.
Basics
Korrekturen waren ein wichtiger Teil des Unterrichtes. Sie zeigen auf wo eine Bewegung startet oder aufhört und vermitteln einem ein tieferes Bewusstsein für die ganze Bewegungsthematik und Körperstrukturarbeit im Taiji. Wenn die Haltung in einer fixen Position optimiert wird, dann bildet das die Basis für den Kraftpfad in der eigentlichen Bewegung des Formelementes.
Was die Zeit wie im Fluge vorbeiziehen liess, war die lockere Atmosphäre trotz des konzentrierten Trainings. Wir trainierten im Apartment von seinem Vater und haben viel gelacht und das schätzte ich sehr. Natürlich durfte der obligate Tee auch nicht fehlen, den uns oft seine Mutter zubereitet hat.

Formtraining
Das Ziel war nicht möglichst viel anzuschauen, sondern mehr in die Tiefe zu gehen. Jede Handposition und Bewegung wurde zig male wiederholt, bis es ihm passte. Und dazu gab es dann immer die jeweilige Anwendung dazu, für das tiefere Verständnis. Manchmal auch mit sehr viel Körpereinsatz, um die Kraftrichtung auch genau zu erkennen.
Am Abend wiederholte ich das gelernte für mich selber im Hotelzimmer oder draussen um möglichst viel zu speichern.

Shiebende Hände
Besonders habe ich mich auf die Push Hands (Schiebende Hände) Sessions gefreut. Da Shiwu ein stämmiger Typ ist, war es möglich, dass wir recht intensiv diese hervorragende Partnerübung trainiert haben. Wir waren am Ende voll durch geschwitzt. Aber es hat sich gelohnt, weil deutlich aufgezeigt wurde wo Lücken waren und wo die Körperstruktur bestand hatte.
Chen Shiwu war es ein grosses Anliegen, dass man mit voller Präsenz trainiert. Es wurde mir wiedermal klar wieviel der Blick ausmachen kann, damit die Aufmerksamkeit und Achtsamkeit gesteigert werden können.

Schlusswort
Ich habe mich sehr auf diesen Tripp gefreut, da ich China und dessen Kultur sehr mag. Irgendwie fühle ich mich da wohl, auch in den grossen Städten, obwohl ich überhaupt kein Stadtmensch bin. Die daraus gewonnen Erkenntnisse über das Taiji und auch die neuen Eindrücke von Peking werden noch eine weile anhalten und geben mir wieder einen grossen Push für mein eigenes Training.
Bist du neugierig auf diese Jahrhunderte alte Bewegungskunst geworden und willst mehr dazu erfahren. Dann schau doch mal ganz unverbindlich in einem Training vorbei oder melde dich zu einem Einführungskurs an, wo wir alle Bereiche des Chen Taiji reinschnuppern. Im April kommt Shiwu zu uns in die Schweiz und unterrichtet das erste Mal ausserhalb von China, nutze diese einmalige Gelegenheit um Taiji von der direkten Abstammungslinie zu erhalten.